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Sironah Outdoorkurs im Bürgerpark, Yogaübung auf Matte
Susanne Meyer, Outdoorkurs leitend; sitzend auf Yogamatte
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Sironah Outdoorkurs im Bürgerpark, Yogaübungen auf Matte
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Unsere Füße → Unser Fundament

Textkörper

Habt ihr eigentlich auch Lust diesen Sommer barfuß zu laufen? Mit den Füßen ganz direkt den Boden zu berühren und dieses aufmerksame, fast schon neugierig-kribbelige Gefühl in den Füßen zu spüren?
Das ist für mich der Inbegriff von Sommer!

Also, Schuhe aus, Schlappen an und los… und sobald man irgendwo ist, z.B. auf einer Wiese, am See oder im Garten, kommen die Schlappen auch noch aus und die Füße ins Gras oder auf die Erde. Das ist wunderbar!
Vor allem wenn wir mal bedenken, dass unsere Füße meistens den ganzen Tag in Schuhen und Socken verbringen. Egal welches Wetter ist... Eigentlich werden sie ja nur noch zum Duschen und Schlafen ausgezogen. Eigenartig, oder?...

Wir haben ja auch alle ganz unterschiedliche Füße und unsere sehr individuellen Füße haben natürlich auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Und natürlich gibt es auch hier nicht den einzig wahren und richtigen Weg, aber vielleicht können wir mit ein bißchen Wissen über die Grundlagen und über unsere persönlichen Bedürfnisse ein wenig mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung für unsere Füße entwickeln. Sie tragen uns jedenfalls viele Wege durch unser ganzes Leben stützen beim Gehen und Stehen unser Körpergewicht und sind beim Laufen, Tanzen, Hüpfen extremen Belastungen ausgesetzt. Mit etwas Übung können wir sogar lernen mit unseren Füßen zu schreiben oder zu greifen.
Damit all das funktioniert braucht es ein komplexes Zusammenspiel von Muskeln, Gelenken, Bändern und Nerven.
In diesem Text möchte ich euch gerne ein wenig die Anatomie und Funktion unserer Füße nahebringen und euch ermutigen tatsächlich immer mal wieder die Schuhe auszuziehen. Und auf diese Weise eure Körperwahrnehmung zu vertiefen und zu beobachten, wie sich wache Füße so anfühlen und was sie vielleicht so mit euch machen…

An dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis:
Bitte seid beim Barfuß Laufen aufmerksam, damit ihr euch nicht verletzt.
Habt ihr bereits Verletzungen oder Erkrankungen an den Füßen, bitte nur ohne Schuhe laufen, wenn es sicher für euch ist.
Habt ihr durch Diabetes oder andere Beeinträchtigungen in den Empfindungen eurer Füße Probleme, ebenfalls nur mit größter Achtsamkeit barfuß gehen.

Betrachten wir nun doch mal diese faszinierende Anatomie unserer Füße etwas genauer. Sie ist nämlich ein wahres Meisterwerk der Statik, Balance und Polsterung.
Dieser anatomische Aufbau unterstützt uns bei der Aufrichtung, hilft darüber zu einem gesunden und starken Rücken, belastbaren und elastischen Knie- und Hüftgelenken, fördert unser sensorisches Erleben im gesamten Körper und stimuliert natürlich unser Gehirn auf vielfältige Weise.
Denn eine Belebung unserer neuralen Aktivität geschieht in der Regel durch komplexe Reize, mehrdimensionale Muskelarbeit, die mit einer kognitiven bewußten und unbewußten Verarbeitung ineinandergreift. All das geschieht quasi nebenbei, wenn wir barfuß laufen.

Und wie machen unsere Füße das denn nun?

Sie bestehen neben Knochen, Sehnen und Muskeln, aus einer Vielzahl von Rezeptoren. Diese Mischung von Strukturen ermöglichen uns eine präzise Wahrnehmung des Untergrundes. Wir bemerken schiefes Auftreten oder Unebenheiten sofort und passen unsere Bewegung augenblicklich den neuen Bedingungen an. Unser gesamter Körper reagiert auf die Rückmeldung von den Füßen und sorgt somit dafür, dass all unsere Gelenke und Muskeln inklusive der Wirbelsäule balanciert und auf eine gesunde Weise belastet werden.
Dieser Vorgang geschieht in der Regel unbewußt und automatisch. Niemand von uns denkt ja schließlich aktiv darüber nach, wie man einen Fuß vor den anderen setzt, wie wir unsere Balance anpassen, wenn wir irgendwo hoch oder runter gehen oder wie wir unsere Geschwindigkeit beim Laufen ändern.
Unsere bewußte Wahrnehmung von Bewegung fängt meist erst dann an, wenn wir etwas Neues lernen (z.B. Tanzschritte) oder wenn wir aus irgendeinem Grund aus dem Gleichgewicht kommen. Und das ist natürlich auch überaus praktisch, denn wenn wir andauernd über alles nachdenken müssten, dann würden wir wahrscheinlich selten irgendwo ankommen.
Tragen wir nun Schuhe, wird dieser Mechanismus beeinträchtigt. Natürlich haben wir alle gelernt in Schuhen zu gehen (ist ja auch nicht so schwierig (bis auf High-Heels) und hat natürlich auch viele Vorteile,z.B. Schutz!), aber es nimmt uns auch verschiedene sensorische Reize.
Z.B. passen sich die Schuhe meistens nicht so gut unseren Füßen an und verhindern dadurch ein gesundes Abrollen.
Das hat Folgen:
U.a. werden die Muskeln nicht mehr so effizient trainiert und die Bänder und Sehnen bilden sich zurück.
Das geht jedenfalls aus einer Studie von Daniel Lieberman, Professor für Biologie an der Harvard-Universität in Boston hervor. Er erforscht die Entwicklung des menschlichen Fußes und veröffentlichte zu dem Thema, Fußfehlstellungen, Verletzungen und Schmerzen des Bewegungsapparates, in der Januar-Ausgabe 2010 des Nature-Magazins seine Studie.
Übrigens kleiner Fun fact am Rande: regelmäßiges Barfuß laufen wirkt diesem Prozess entgegen…
D.h. der Gang ohne Schuhe stärkt unsere Muskeln, stabilisiert die Fußgewölbe und hält die Bänder und Gelenke flexibel. Und das sogar in unserem ganzen Körper!

Und natürlich ist es nicht möglich in unserer modernen Welt ständig barfuß zu laufen. Wahrscheinlich möchte man das auch gar nicht, denken wir nur an irgendwelche merkwürdigen Bahnhofsvorplätze oder öffentliche Toiletten…
Schuhe sind, trotz all der positiven Effekte des barfuß Laufens, eine sehr praktische Erfindung!
Nichtsdestotrotz könnten wir zumindest so oft wie möglich mal unsere Schuhe ausziehen und die Wirkung des barfuß Laufens erforschen.

Aber zurück zur Anatomie:

Kurz und übersichtlich:

Fußgelenke:

Die verschiedenen Gelenke im Fuß teilen sich unterschiedliche Aufgaben.

  • Oberes Sprunggelenk : Fortbewegung durch Beuge- und Streckbewegung kombiniert mit leichter Drehkomponente.
  • Unteres Sprunggelenk: Ausgleich von Bodenunebenheiten durch eine komplexe Kipp-Dreh-Bewegung.
  • Mittelfußgelenke: spiralige Verschraubung von Vor- und Rückfuß, Gewölbe und Stabilität.
  • Zehengrundgelenke: Stoßdämpfung, abrollen und abstoßen.

Aufgaben der Fußbereiche:

  • Rückfuß → Stabilität
  • Mittelfuß → Beweglichkeit
  • Vorfuß → Abrollen
  • Fußsohle→ Stoßdämpfung

Fußstruktur:

  • Innenseite → Gewölbe
  • Außenseite → Bodenkontakt
  • Längsgewölbe → Stabilität
  • Quergewölbe → Elastizität
Anatomie des Fußes, Muskeln und Bänder

Fußmuskeln:

Vier Muskelgruppen sorgen für das aktive Zusammenspiel im Fuß bei der Bewegung: Abstoßen, Aufsetzen, Stoßdämpfung und Abrollen.

  • Das Abstoßen und Abbremsen wird von der kräftigen Wadenmuskulatur übernommen. Dabei umgreifen die Schienbeinmuskeln den Mittelfuß wie ein Steigbügel und drehen den Rückfuß nach außen. Die Wadenbeinmuskeln drehen den Vorfuß nach innen.
    Diese Konstruktion unterstützt den spiraligen Aufbau unserer Füße,der ein elastisches und flexibles Bewegen ermöglicht.
  • Die Muskeln in der Fußsohle sind kurz und geben dem Gewölbe Halt und Spannkraft. Sie können überdehnt (Plattfuß) oder verkürzt (Hohlfuß) sein.
  • Die tiefe Muskulatur im Fußballen, verläuft längs und quer und verstrebt dadurch das flache Vorfußquergewölbe. So werden sie zu einem effizienten Stoßdämpfer und vermitteln gleichzeitig Impulskraft beim Abstoßen.

Fußsohle:

Unsere Fußsohle fungiert insbesondere als Druckpolster. Das dicke Unterhautfettpolster ist durch spiralig angeordnete Trennwände (Septen) in einzelne Kammern unterteilt, genau wie bei einem sicheren Schlauchboot. Diese Kammern verhindern, dass das Fettgewebe bei zu starker Belastung zur Seite weggedrückt wird.

Fußfaszie:

Die Fußfaszie, auch Plantarfaszie oder Plantaraponeurose genannt, befindet sich an der Unterseite des Fußes und gibt der gesamten Fußsohle Halt und Stabilität. Diese Sehnenplatte verbindet das Fersenbein mit den Zehen und unterstützt das Verspannungssystem des Längsgewölbes.

Nervenenden:

Es befinden sich unzählige Nervenenden an unseren Füßen. Diese Rezeptoren sorgen für die Aufnahme und Verarbeitung von Reizen und liefern damit die Impulse für den gesamten Bewegungsapparat.
Glatte Böden, modernes Schuhwerk und Bewegungsmangel stören und verhindern diese Stimulation. Wenig Abwechslung, einseitige Beanspruchung, stundenlanges Sitzen, Gehen und Stehen lassen die Fußmuskulatur zusätzlich verkümmern.

Die Muskeln und die Haut des Fußes werden von drei Nerven versorgt:

  • tiefer Wadenbeinnerv
  • innerer Fußsohlennerv
  • äußerer Fußsohlennerv

Hier gibt es noch ein Video von „Barefoot Professor“ Daniel Liebermann (https://www.youtube.com/watch?v=7jrnj-7YKZE,) indem er erklärt wie der natürliche Gang des Menschen ohne Schuhe aussieht.
Wenn ihr Lust habt schaut es euch an. Es geht nur 6 Minuten.

Soviel zur Anatomie unserer Füße.

Und was bleibt für uns persönlich?
Ab und an mal die Schuhe auszuziehen und auf geeignetem Untergrund barfuß zu laufen, ist eine gute Idee und dient unserer Gesundheit.
Unsere Füße sind absolut ehrlich und geben uns sofort Auskunft, wenn etwas schief läuft im wörtlichen Sinne.
Barfuß laufen erdet uns und stimuliert unser sensorisches Empfinden auf physiologischer und psychologischer Ebene.
Bewegung im Freien mit nackten Füßen und im direkten Kontakt mit der Erde schafft eine Verbindung ins Leben und zu unserer Lebendigkeit als fühlende und mitfühlende Wesen.
Draußen können wir lernen uns dynamisch den wechselnden Bedingungen anzupassen und in Kontakt zu bleiben. Ganz in Sinne der Resilienz: wir schulen unsere psychische Widerstandskraft indem wir unser Verhalten an Veränderungen anpassen und modifizieren. Egal ob Wind, Sonne oder Regen es ist möglich sich zu bewegen und draußen zu sein. 

In diesem Sinne und mit tiefer Dankbarkeit freue ich mich sehr auf euch und auf unsere gemeinsamen Stunden im Grünen!

 

Quellen:
Lieberman, D., Venkadesan, M., Werbel, W. et al. Foot strike patterns and collision forces in habitually barefoot versus shod runners. Nature 463, 531–535 (2010). https://doi.org/10.1038/nature08723
Lieberman,D., (2011), Department of Human Evolutionary Biology, Harvard University, Cambridge MA, What We Can Learn About Running from Barefoot Running: An Evolutionary Medical Perspective. American College of Sports Medicine
Holowka, N.B., Wynands, B., Drechsel, T.J. et al. Foot callus thickness does not trade off protection for tactile sensitivity during walking. Nature 571, 261–264 (2019). https://doi.org/10.1038/s41586-019-1345-6
The Barefoot Professor: by Nature Video, https://www.youtube.com/watch?v=7jrnj-7YKZE
Fuß, https://de.wikipedia.org/wiki/Fuß
Bilder:
https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-der-fuss.html